Die Bioökonomie gewinnt zunehmend an Bedeutung als zukunftsweisende Wirtschaftsform, die auf der nachhaltigen Nutzung biologischer Ressourcen basiert. Industriepflanzen spielen dabei eine Schlüsselrolle als erneuerbare Rohstofflieferanten für verschiedenste Anwendungen. Von der Energiegewinnung über innovative Werkstoffe bis hin zu hochwertigen Chemikalien – die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. Gleichzeitig bietet der Anbau von Industriepflanzen neue Perspektiven für die Landwirtschaft und trägt zur Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen bei. Wie können diese Potenziale optimal genutzt werden, um eine nachhaltige biobasierte Wirtschaft voranzutreiben?

Schlüsselpflanzen für die industrielle nutzung in der bioökonomie

Eine Reihe von Nutzpflanzen hat sich als besonders vielversprechend für die stoffliche und energetische Verwertung in der Bioökonomie erwiesen. Diese Industriepflanzen zeichnen sich durch spezifische Eigenschaften und Inhaltsstoffe aus, die sie für bestimmte Anwendungen prädestinieren. Die gezielte Auswahl und Optimierung dieser Pflanzen ist entscheidend, um die Effizienz und Wirtschaftlichkeit biobasierter Produktionsketten zu steigern.

Miscanthus als vielseitiger Lignocellulose-Lieferant

Miscanthus, auch bekannt als Chinaschilf, hat sich als äußerst ertragreiche Energiepflanze etabliert. Mit Biomasseerträgen von bis zu 25 Tonnen Trockenmasse pro Hektar und Jahr liefert Miscanthus große Mengen lignocellulosehaltiger Biomasse. Diese eignet sich hervorragend zur thermischen Verwertung, aber auch als Rohstoff für Biokunststoffe oder in der Papierindustrie. Ein besonderer Vorteil von Miscanthus ist der geringe Bedarf an Düngemitteln und Pestiziden im Anbau.

Die mehrjährige Pflanze trägt zudem zum Bodenschutz bei und kann auch auf marginalen Standorten kultiviert werden. Aktuelle Forschungsprojekte wie MAGIC untersuchen, wie unrentable Ackerflächen durch den Anbau von Industriepflanzen wie Miscanthus nachhaltig und wertschöpfend genutzt werden können. Dabei zeigt sich das enorme Potenzial, bislang brachliegende Flächen für die Bioökonomie zu erschließen.

Hanf: fasern, öle und cannabinoide für diverse anwendungen

Hanf erlebt derzeit eine Renaissance als vielseitige Industriepflanze. Die robusten Fasern finden Verwendung in der Textil- und Bauindustrie, während die nährstoffreichen Samen zu Ölen und Proteinprodukten verarbeitet werden. Besonders interessant sind die in den Blüten enthaltenen Cannabinoide wie CBD, die zunehmend in Pharmazie und Kosmetik eingesetzt werden.

Der Anbau von Industriehanf mit einem THC-Gehalt unter 0,2% ist in der EU inzwischen wieder erlaubt. Dies eröffnet der Landwirtschaft neue Einkommensmöglichkeiten. Gleichzeitig fördert Hanf als Zwischenfrucht die Bodengesundheit und Biodiversität. Die ganzheitliche Nutzung der Pflanze vom Stängel bis zur Blüte macht Hanf zu einem Paradebeispiel für die Kaskadennutzung in der Bioökonomie.

Ölpflanzen wie raps und sonnenblumen als Biodiesel-Quelle

Raps und Sonnenblumen gehören zu den wichtigsten Ölpflanzen in Europa. Ihre Samen liefern hochwertige Pflanzenöle, die sowohl in der Lebensmittelindustrie als auch zur Herstellung von Biodiesel genutzt werden. Der Anbau dieser Pflanzen ermöglicht eine regionale Produktion erneuerbarer Kraftstoffe und reduziert die Abhängigkeit von Erdölimporten.

Neben der energetischen Nutzung gewinnen die Öle auch als nachwachsende Rohstoffe für die chemische Industrie an Bedeutung. So werden aus Rapsöl beispielsweise biologisch abbaubare Schmierstoffe oder Tenside für Waschmittel hergestellt. Die Presskuchen, die bei der Ölgewinnung anfallen, finden als proteinreiches Futtermittel Verwendung und ersetzen Sojaimporte.

Stärkereiche pflanzen: mais und kartoffeln für biokunststoffe

Mais und Kartoffeln sind nicht nur wichtige Nahrungsmittel, sondern liefern auch große Mengen an Stärke für industrielle Anwendungen. Diese wird unter anderem zur Herstellung von Biokunststoffen wie Polylactid (PLA) verwendet. PLA ist biologisch abbaubar und kann petrochemische Kunststoffe in vielen Bereichen ersetzen.

Die Nutzung von Stärke aus Mais und Kartoffeln für technische Zwecke steht allerdings in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Daher gewinnt die Erschließung alternativer Stärkequellen an Bedeutung. Vielversprechend sind hier etwa stärkereiche Nebenprodukte der Lebensmittelindustrie oder die Nutzung von Algen zur Stärkegewinnung.

Innovative verarbeitungstechnologien für industriepflanzen

Um das volle Potenzial nachwachsender Rohstoffe auszuschöpfen, sind innovative Verarbeitungstechnologien erforderlich. Diese ermöglichen eine effiziente Umwandlung der Biomasse in hochwertige Produkte und Chemikalien. Gleichzeitig zielen sie darauf ab, Ressourcen möglichst vollständig zu nutzen und Abfälle zu minimieren.

Bioraffinerie-konzepte zur ganzheitlichen nutzung von biomasse

Bioraffinerien stellen das Herzstück einer modernen biobasierten Industrie dar. Ähnlich wie Erdölraffinerien verarbeiten sie Biomasse zu einem breiten Spektrum an Produkten. Dabei werden verschiedene mechanische, thermochemische und biotechnologische Verfahren kombiniert, um die Inhaltsstoffe der Pflanzen optimal zu nutzen.

Ein Beispiel ist die Lignocellulose-Bioraffinerie, die holzartige Biomasse in ihre Bestandteile Cellulose, Hemicellulose und Lignin auftrennt. Diese dienen dann als Ausgangsstoffe für Fasern, Zucker oder aromatische Verbindungen. Durch die integrierte Produktion von Grundchemikalien, Materialien und Bioenergie lässt sich die Wirtschaftlichkeit der Anlagen optimieren.

Enzymatische aufschlussverfahren für lignocellulosische biomasse

Der enzymatische Aufschluss von Lignocellulose stellt eine vielversprechende Alternative zu chemischen Verfahren dar. Spezialisierte Enzyme wie Cellulasen und Hemicellulasen spalten die komplexen Kohlenhydratstrukturen in fermentierbare Zucker auf. Diese können dann durch Mikroorganismen zu Bioethanol oder organischen Säuren umgesetzt werden.

Aktuelle Forschungsarbeiten konzentrieren sich darauf, die Effizienz und Wirtschaftlichkeit des enzymatischen Aufschlusses zu verbessern. Ansatzpunkte sind die Entwicklung leistungsfähigerer Enzymcocktails sowie die Optimierung der Vorbehandlung der Biomasse. Ziel ist es, die Zuckerausbeute zu maximieren und gleichzeitig den Energieeinsatz zu reduzieren.

Fortschritte in der fermentationstechnologie für Bio-Chemikalien

Die mikrobielle Fermentation spielt eine Schlüsselrolle bei der Umwandlung pflanzlicher Biomasse in Plattformchemikalien. Durch den Einsatz gentechnisch optimierter Mikroorganismen lassen sich heute eine Vielzahl von Chemikalien biotechnologisch herstellen, die bisher aus Erdöl gewonnen wurden.

Ein Beispiel ist die fermentative Produktion von Bernsteinsäure aus Lignocellulose-Hydrolysaten. Diese vielseitige Plattformchemikalie dient als Ausgangsstoff für Polymere, Lösungsmittel und Pharmazeutika. Durch Prozessoptimierung und Metabolic Engineering konnten die Ausbeuten und Wirtschaftlichkeit in den letzten Jahren deutlich gesteigert werden.

Grüne extraktionstechniken für pflanzeninhaltsstoffe

Für die Gewinnung wertvoller Inhaltsstoffe aus Pflanzen gewinnen umweltfreundliche Extraktionsverfahren zunehmend an Bedeutung. Dazu zählen etwa die überkritische CO2-Extraktion oder die Verwendung von ionischen Flüssigkeiten als Lösungsmittel. Diese Methoden ermöglichen eine selektive und schonende Extraktion bei minimaler Umweltbelastung.

Ein innovativer Ansatz ist die Nutzung natürlicher Tiefer Eutektischer Lösungsmittel (NADES). Diese Mischungen aus pflanzlichen Metaboliten wie Zuckern und organischen Säuren eignen sich hervorragend zur Extraktion von Polyphenolen oder ätherischen Ölen. Die biobasierten Lösungsmittel lassen sich zudem leicht recyceln.

Die Entwicklung grüner Extraktionstechniken ist ein Paradebeispiel dafür, wie die Prinzipien der Bioökonomie auch in der Verfahrenstechnik umgesetzt werden können.

Anbauoptimierung und züchtung für industrielle nutzpflanzen

Um die Produktivität und Ressourceneffizienz im Anbau von Industriepflanzen zu steigern, kommen innovative Methoden der Pflanzenzüchtung und des Präzisionsackerbaus zum Einsatz. Ziel ist es, Sorten zu entwickeln, die optimal an die jeweiligen Standortbedingungen und Verwertungszwecke angepasst sind.

Präzisionslandwirtschaft zur ertragssteigerung bei industriepflanzen

Digitale Technologien ermöglichen eine standortspezifische Optimierung des Anbaus von Industriepflanzen. Mittels Satellitendaten, Drohnenaufnahmen und Bodensensoren lassen sich Nährstoffversorgung, Wasserhaushalt und Pflanzengesundheit genau überwachen. Auf dieser Basis können Dünger- und Pflanzenschutzmitteleinsatz bedarfsgerecht angepasst werden.

Ein Beispiel ist die teilflächenspezifische Bewässerung von Energiepflanzen wie Miscanthus. Durch präzise Steuerung der Wasserversorgung lässt sich die Wassernutzungseffizienz deutlich verbessern. Dies ist besonders relevant angesichts zunehmender Trockenperioden durch den Klimawandel.

Crispr/cas9-technologie in der pflanzenzüchtung für optimierte inhaltsstoffe

Die CRISPR/Cas9-Genschere eröffnet neue Möglichkeiten, um Industriepflanzen gezielt zu optimieren. Mit dieser Methode lassen sich etwa der Lignin-Gehalt in Energiepflanzen reduzieren oder die Zusammensetzung von Pflanzenölen verändern. Dies erleichtert die Verarbeitung und ermöglicht maßgeschneiderte Eigenschaften für bestimmte Anwendungen.

Ein vielversprechender Ansatz ist die Entwicklung von Ölpflanzen mit erhöhtem Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie Omega-3. Diese könnten als pflanzliche Alternative zu Fischöl dienen und so zur Schonung mariner Ressourcen beitragen. Die rechtliche Einordnung von CRISPR-editierten Pflanzen in der EU ist allerdings noch Gegenstand kontroverser Diskussionen.

Entwicklung klimaresilienter sorten für nachhaltige produktion

Angesichts des Klimawandels gewinnt die Züchtung stresstoleranter Sorten an Bedeutung. Industriepflanzen müssen künftig extremere Wetterbedingungen wie Hitze, Trockenheit oder Starkregen bewältigen können. Gleichzeitig sollen sie weiterhin hohe und stabile Erträge liefern.

Vielversprechende Ansätze sind etwa die Verbesserung der Wurzelarchitektur für eine effizientere Wasseraufnahme oder die Erhöhung des Gehalts an schützenden Sekundärmetaboliten. Auch die Nutzung der genetischen Vielfalt von Wildarten durch Kreuzungszüchtung spielt eine wichtige Rolle. So können etwa Trockenheitstoleranz-Gene aus wilden Verwandten in Kulturpflanzen eingekreuzt werden.

Ökonomische und ökologische aspekte der industriepflanzennutzung

Die verstärkte Nutzung von Industriepflanzen in der Bioökonomie wirft Fragen nach ihrer ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit auf. Entscheidend ist, dass die Produktion biobasierter Güter tatsächlich zu einer Reduktion der Umweltbelastung im Vergleich zu konventionellen Produkten führt. Gleichzeitig müssen biobasierte Wertschöpfungsketten wirtschaftlich konkurrenzfähig sein.

Lebenszyklusanalysen biobasierter produkte im vergleich zu fossilen alternativen

Umfassende Lebenszyklusanalysen (LCA) sind ein wichtiges Instrument, um

die Vor- und Nachteile biobasierter Produkte gegenüber konventionellen Alternativen zu bewerten. Dabei werden alle Phasen des Produktlebenszyklus von der Rohstoffgewinnung über Produktion und Nutzung bis zur Entsorgung berücksichtigt. Entscheidende Faktoren sind etwa der Energieverbrauch, die Treibhausgasemissionen und der Flächenbedarf.

Studien zeigen, dass biobasierte Produkte in vielen Fällen eine bessere Ökobilanz aufweisen als ihre fossilen Pendants. So verursacht etwa die Herstellung von PLA-Biokunststoff aus Maisstärke bis zu 80% weniger CO2-Emissionen als die Produktion von konventionellem PET. Auch bei Bioschmierstoffen oder Bioverbundwerkstoffen ergeben sich oft Vorteile. Allerdings hängt die Bilanz stark von den spezifischen Produktionsbedingungen und der Art der Biomassenutzung ab.

Kritisch zu betrachten sind insbesondere der Düngemitteleinsatz im Anbau sowie mögliche Landnutzungsänderungen. Hier besteht noch Optimierungspotenzial, etwa durch effizientere Anbaumethoden oder die Nutzung von Reststoffen als Rohstoffquelle. Generell gilt: Je vollständiger die Biomasse verwertet wird und je höherwertiger die erzeugten Produkte sind, desto besser fällt die Ökobilanz aus.

Flächenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Industriepflanzenanbau

Ein häufig diskutierter Kritikpunkt an der verstärkten Nutzung von Industriepflanzen ist die mögliche Konkurrenz zum Nahrungsmittelanbau. Insbesondere der Anbau von Energiepflanzen für Biokraftstoffe hat in der Vergangenheit zu Kontroversen geführt. Die Sorge: Steigende Preise für Grundnahrungsmittel und indirekte Landnutzungsänderungen durch Verdrängungseffekte.

Um diese Problematik zu entschärfen, setzen aktuelle Forschungsansätze verstärkt auf die Nutzung marginaler Flächen für den Industriepflanzenanbau. So untersucht etwa das EU-Projekt MAGIC, wie unrentable Ackerflächen durch den Anbau von Miscanthus oder anderen robusten Industriepflanzen aufgewertet werden können. Auch die Etablierung von Mischkultursystemen, bei denen Nahrungsmittel- und Industriepflanzen kombiniert werden, bietet vielversprechende Perspektiven.

Langfristig könnte zudem die Nutzung aquatischer Biomasse wie Algen oder die Entwicklung synthetischer Produktionssysteme den Flächenbedarf für biobasierte Rohstoffe reduzieren. Entscheidend ist in jedem Fall eine sorgfältige Planung und Steuerung der Flächennutzung auf regionaler und globaler Ebene.

Kreislaufwirtschaft und Kaskadennutzung in der Bioökonomie

Ein Kernprinzip der Bioökonomie ist die möglichst vollständige und mehrfache Nutzung biogener Ressourcen im Sinne einer Kreislaufwirtschaft. Durch Kaskadennutzung lässt sich der Wertschöpfungsgrad pro Einheit Biomasse deutlich steigern. So können beispielsweise Holzfasern zunächst für hochwertige Produkte wie Möbel genutzt, dann zu Papier recycelt und am Ende energetisch verwertet werden.

Innovative Ansätze zielen darauf ab, auch Nebenprodukte und Reststoffe systematisch zu verwerten. Ein Beispiel ist die Nutzung von Getreidespelzen zur Gewinnung von Furfural, einer vielseitigen Plattformchemikalie. Oder die Extraktion von Proteinen und Fasern aus Rapspresskuchen, der bei der Ölgewinnung anfällt. Durch solche integrierten Nutzungskonzepte lässt sich die Ressourceneffizienz erheblich steigern.

Die konsequente Umsetzung von Kreislauf- und Kaskadennutzungskonzepten ist der Schlüssel, um das volle Potenzial der Bioökonomie auszuschöpfen und Nutzungskonkurrenzen zu minimieren.

Politische Rahmenbedingungen und Förderprogramme für Industriepflanzen

Die Entwicklung einer nachhaltigen biobasierten Wirtschaft erfordert geeignete politische Rahmenbedingungen. Auf EU-Ebene und in den Mitgliedsstaaten wurden in den letzten Jahren verschiedene Strategien und Förderprogramme auf den Weg gebracht, um den Übergang zur Bioökonomie zu unterstützen.

EU-Bioökonomie-Strategie und nationale Umsetzungskonzepte

Die EU-Bioökonomie-Strategie von 2018 setzt den übergeordneten Rahmen für die Entwicklung einer nachhaltigen Bioökonomie in Europa. Sie zielt darauf ab, Innovationen zu fördern, Investitionen zu mobilisieren und Märkte für biobasierte Produkte zu schaffen. Konkrete Maßnahmen umfassen etwa die Förderung von Bioraffinerien oder die Entwicklung von Qualitätsstandards für biobasierte Produkte.

Auf nationaler Ebene haben viele EU-Länder eigene Bioökonomie-Strategien entwickelt. In Deutschland etwa wurde 2020 die Nationale Bioökonomiestrategie verabschiedet. Sie setzt Schwerpunkte in den Bereichen biologisches Wissen, nachhaltige Ressourcennutzung und biobasierte Innovationen. Ähnliche Konzepte gibt es unter anderem in Frankreich, Italien und den Niederlanden.

Ein wichtiger Aspekt ist die Förderung regionaler Bioökonomie-Cluster, in denen Akteure aus Landwirtschaft, Industrie und Forschung zusammenarbeiten. So entstehen integrierte Wertschöpfungsketten von der Biomasse-Produktion bis zum Endprodukt.

Forschungsförderung im Bereich nachwachsender Rohstoffe

Umfangreiche Forschungsprogramme auf EU- und nationaler Ebene treiben die Entwicklung innovativer Technologien und Produkte auf Basis nachwachsender Rohstoffe voran. Im EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe sind für den Zeitraum 2021-2027 rund 10 Milliarden Euro für den Bereich Bioökonomie vorgesehen.

In Deutschland fördert etwa das Programm „Nachwachsende Rohstoffe“ des Bundeslandwirtschaftsministeriums Forschungsprojekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Schwerpunkte sind unter anderem die Optimierung von Industriepflanzen, innovative Verarbeitungstechnologien und die Entwicklung biobasierter Materialien. 2020 standen dafür rund 61 Millionen Euro zur Verfügung.

Neben der direkten Projektförderung spielen auch strukturbildende Maßnahmen eine wichtige Rolle. Dazu zählen etwa die Einrichtung von Kompetenzzentren oder die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Bereich Bioökonomie.

Regulatorische Herausforderungen für neue biobasierte Produkte

Die Markteinführung neuartiger biobasierter Produkte stößt oft auf regulatorische Hürden. Ein Beispiel ist die Zulassung von Biokunststoffen für Lebensmittelverpackungen. Hier müssen strenge Sicherheitsanforderungen erfüllt werden, was aufwendige Tests erfordert. Auch die Kennzeichnung und Zertifizierung biobasierter Produkte ist nicht einheitlich geregelt.

Um Innovationen zu erleichtern, arbeiten EU und Mitgliedsstaaten an der Anpassung bestehender Regelwerke. So soll etwa die Novel Food-Verordnung flexibler gestaltet werden, um neuartige Lebensmittel aus Algen oder Insekten schneller zulassen zu können. Auch einheitliche Standards für die Bewertung der Nachhaltigkeit biobasierter Produkte werden diskutiert.

Eine besondere Herausforderung stellt die rechtliche Einordnung neuer Züchtungstechnologien wie CRISPR/Cas dar. Hier besteht in der EU noch Rechtsunsicherheit, was die Entwicklung optimierter Industriepflanzen erschwert. Expertengremien plädieren für eine differenzierte Bewertung, die das Innovationspotenzial dieser Technologien berücksichtigt.

Zukunftsperspektiven und Marktpotenziale biobasierter Produkte

Die Bioökonomie birgt enormes Potenzial für innovative Produkte und neue Geschäftsmodelle. Prognosen gehen von einem starken Wachstum des Marktes für biobasierte Produkte in den kommenden Jahren aus. Entscheidend wird sein, wettbewerbsfähige Alternativen zu etablierten fossilen Produkten zu entwickeln.

Biobasierte Chemikalien als Alternative zu petrochemischen Produkten

Die chemische Industrie setzt zunehmend auf nachwachsende Rohstoffe als Ersatz für Erdöl. Biobasierte Basischemikalien wie Ethylen, Propylen oder Butadien lassen sich mittlerweile im industriellen Maßstab aus pflanzlichen Ölen oder Zucker herstellen. Daraus können wiederum Kunststoffe, Lösungsmittel oder Spezialchemikalien produziert werden.

Besonders vielversprechend sind biobasierte Plattformchemikalien wie Bernsteinsäure oder Furandicarbonsäure. Diese vielseitig einsetzbaren Moleküle dienen als Ausgangsstoffe für eine Vielzahl von Produkten. Durch optimierte Fermentationsprozesse und den Einsatz von Reststoffen als Rohstoffquelle werden sie zunehmend wettbewerbsfähig.

Experten erwarten, dass bis 2030 etwa 15-20% der in Europa produzierten Chemikalien biobasiert sein werden. Voraussetzung dafür sind weitere Fortschritte bei Produktionsverfahren und die Etablierung integrierter Bioraffinerien.

Innovative Anwendungen von Pflanzenfasern in der Textil- und Bauindustrie

Naturfasern wie Hanf, Flachs oder Miscanthus erobern neue Anwendungsfelder in der Textil- und Bauindustrie. Im Textilbereich punkten sie durch Nachhaltigkeit und angenehme Trageeigenschaften. Innovative Verarbeitungstechnologien ermöglichen die Herstellung hochwertiger Fasern, die mit Baumwolle oder Synthetikfasern konkurrieren können.

In der Bauindustrie werden Pflanzenfasern zunehmend als nachhaltige Alternative zu glasfaserverstärkten Kunststoffen eingesetzt. Bioverbundwerkstoffe finden Verwendung in Innenverkleidungen, Dämmstoffen oder sogar Strukturbauteilen. Vorteile sind neben der guten CO2-Bilanz auch die natürliche Schallabsorption und Feuchteregulierung.

Ein zukunftsträchtiges Forschungsfeld ist die Entwicklung von Nanofasern aus Cellulose. Diese können etwa zur Verstärkung von Biokunststoffen oder als Filtermaterial eingesetzt werden. Auch „intelligente“ Textilien mit eingearbeiteten Pflanzenfasern für Sensorik oder Energiespeicherung werden erforscht.

Pharmazeutische und kosmetische Nutzung von Pflanzeninhaltsstoffen

Pflanzen sind eine reiche Quelle bioaktiver Substanzen für die Pharma- und Kosmetikindustrie. Neben klassischen Heilpflanzen rücken zunehmend auch Industriepflanzen in den Fokus. So werden etwa aus Hanf gewonnene Cannabinoide in der Schmerztherapie eingesetzt. Auch Algen liefern wertvolle Wirkstoffe wie Astaxanthin oder Omega-3-Fettsäuren.

In der Kosmetikindustrie ist der Trend zu natürlichen Inhaltsstoffen ungebrochen. Pflanzliche Öle, Proteine und Antioxidantien sind gefragt für Hautpflege- und Anti-Aging-Produkte. Hier bieten sich Chancen für die Erschließung neuer Rohstoffquellen wie etwa Nebenprodukte der Ölpflanzenverarbeitung.

Ein vielversprechender Ansatz ist das Biopharming – die Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen zur Produktion pharmazeutischer Wirkstoffe. So lassen sich etwa Antikörper oder Impfstoffe kostengünstig in Tabak- oder Kartoffelpflanzen herstellen. Diese Technologie könnte künftig die Produktion wichtiger Medikamente revolutionieren.

Insgesamt zeigt sich: Die Bioökonomie eröffnet vielfältige Chancen für innovative Produkte und nachhaltige Wertschöpfung. Entscheidend für den Erfolg wird sein, die gesamte Innovationskette vom Anbau über die Verarbeitung bis zum Endprodukt zu optimieren. Dabei gilt es, ökonomische, ökologische und soziale Aspekte in Einklang zu bringen. So kann die Nutzung nachwachsender Rohstoffe einen wichtigen Beitrag zu einer zukunftsfähigen Wirtschaftsweise leisten.